2016 / Kamera / Ehrenpreis

Pio Corradi

Ehrenpreis 2016

Vita

Corradis Filmografie […] zeichnet sich durch seine feinfühlige Sicht in die „Seele der Dinge“ aus. Dazu ist er ein unermüdlicher Schaffer: Seit 1978 dreht er pro Jahr zwei bis drei Filme. Pio Corradi gilt als wortkarger Mensch. Er ist aber auch ein treuer Kameramann, der es schätzt, immer wieder mit denselben Filmemachern und Filmemacherinnen zusammenzuarbeiten. […] Der Mensch steht bei Pio Corradi im Fokus. […] Er schafft es […], Verbindungen zu seinen Protagonisten aufzubauen. Mit dieser Empathie dreht Pio Corradi in jedem Kulturkreis außergewöhnlich nahe, bildgewaltige und ausdrucksstarke Filme. Seine Bilder fesseln. Sie sind intim und wirken doch niemals voyeuristisch.

„Früher waren die Spielräume des Kameramanns viel größer. Es war ganz anders als heute, wenn zehn Leute vor den Monitoren stehen und alles begutachten. Unter gewissen Umständen wird der Kameramann da zum Roboter.“

Begründung des Kuratoriums DEUTSCHER KAMERAPREIS KÖLN E. V.

Womöglich ist der Wunsch nach größtmöglicher Freiheit und Kreativität der Grund dafür, dass im Verlaufe der Jahre in Corradis Schaffen die Dokumentarfilme überwiegen. Schließlich gilt es bei ihnen, den Augenblick zu nutzen, der so nie wiederkommt. Ohnehin ist Corradi kein Freund von langen Spielfilmdialogen. Und er ist kein Technik-Fetischist: „Ich bin sicherlich ein sensi-bler Mensch, was das Licht betrifft. Aber die Kamera ist für mich einfach nur ein technisches Gerät und nichts Heiliges.“ Corradis Kunst besteht vielmehr auch darin, dass er die Menschen für sich öffnen und einnehmen kann. Zeitgenossen schildern ihn als ruhig und warmherzig. Und er ist treu und hat mit Regisseuren wie Fredi M. Murer, Alexander J. Seiler und Xavier Koller immer wieder zusammengearbeitet.
Pio Corradis persönlicher Lieblingsfilm ist der Kunstfilm „Der Lauf der Dinge“ (1987) des Künstler-Duos Peter Fischli und David Weiss, der eine 30-minütige physikalische Kettenreaktion vorführt. Der Film war bei der Dokumenta 8 ein Publikumsrenner, und noch heute gibt es eine Bar in New York, in der er jedes Wochenende gezeigt wird. Auch bei YouTube ist „Der Lauf der Dinge“ zu sehen – und bestätigt aufs Schönste, dass Corradi kein Mann der großen Worte ist: „Ich gelte in der Szene als Schweiger.“ Anlässlich der Ehrung mit dem DEUTSCHEN KAMERAPREIS sprechen sicher verstärkt andere über ihn.